Erfahre hier mehr über die intermittierende explosible Störung. Was das genau ist, die Symptome, Ursachen und was man dagegen machen kann.
Die Wut Coaches:
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Haben Sie schon mal von der intermittierenden explosiblen Störung (kurz: IED) gehört? Es handelt sich um eine Erkrankung, die weit verbreitet ist. 3-4% der Menschen sind von ihr betroffen (Coccaro & McCloskey, 2019). Die IED ist im Deutschen auch bekannt als pathologischer Jähzorn. Ganz schön komplizierte Begriffe. Schauen wir uns diese Begrifflichkeiten zunächst genauer an. Wir befinden uns im Bereich der Aggressionen und Impulskontrollstörungen. Jede/r kennt und nutzt den Begriff Aggression. Aber was ist Aggression denn genau? Bei der Definition von Aggression steht immer im Vordergrund, dass ein Verhalten gezeigt wird, bei dem anderen Menschen bewusst einen Schaden zugefügt wird (Wirtz, 2020). Auch bei der intermittierenden explosiblen Störung bzw. dem pathologischen Jähzorn kann es dazu kommen, dass anderen Menschen durch die betroffende Person Schaden zugefügt wird. Vielleicht fragen Sie sich jetzt, was ist Jähzorn? Bei Jähzorn handelt es sich um eine intensive emotionale Reaktion (Fettich et al., 2014). Es kann zu explosiver Wut gegen eine andere Person kommen (Coccaro, 2012).
In diesem Artikel wollen wir uns der pathologischen Seite des Jähzorns widmen. Pathologisch meint in diesem Zusammenhang, dass eine psychische Störung vorliegt. Wir schauen uns an, worum es sich bei der IED-Krankheit handelt und welche Symptome sie ausmacht. Außerdem schauen wir uns mögliche Ursachen an. Neben dem Verständnis und dem nötigen Hintergrundwissen für die Erkrankung werfen wir zuletzt einen Blick auf Behandlungsmöglichkeiten.
Beschäftigen wir uns zunächst damit, was “intermittierend” bedeutet. Dieser Begriff stammt aus dem Lateinischen (lat. intermittere) und wird übersetzt mit unterbrechen / aussetzen. Es handelt sich also um Vorgänge, die mit Unterbrechungen auftreten. Und hierin liegt ein Kernmerkmal der IED. Die Symptome treten nicht dauerhaft auf, sondern es kommt mit Unterbrechungen immer wieder zu jähzornigem Verhalten.
Im ICD-10, also dem Klassifikationssystem von Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation, ist die intermittierende explosible Störung unter der F63 aufgeführt. In diesem Kapitel werden abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle und Impulskontrollstörungen kodiert. Bei dieser Störung kommt es zu impulsiven Handlungen mit gestörter Selbstkontrolle. Verhalten tritt dranghaft auf und kann schwer gesteuert werden (Antwerpes, 2024). Die IED wird im Deutschen auch als pathologischer Jähzorn bezeichnet.
Das Hauptsymptom der intermittierenden explosiblen Störung sind wiederkehrende affektiv-aggressive Wutausbrüche (Ciesinski et al., 2022). Diese Wutausbrüche stehen in keinem Verhältnis zur auslösenden Situation. Schon bei leichter Wut kann es zu Wutausbrüchen kommen. Sie sind meist nur von kurzer Dauer. Weiter kommt es zu impulsiven Verhalten (Hall & Coccaro, 2022). Auf eine Periode mit hoher Anspannung folgt während des Handlungsablaufs ein Gefühl der Erleichterung (WHO, 1993). Die Ausbrüche können verbal oder physisch sein, z. B. Schreien, Beschimpfungen, Zerstörung von Gegenständen oder in extremen Fällen körperliche Gewalt gegen Personen. Weiter steht sie im Zusammenhang mit kognitiven und weiteren affektiven Beeinträchtigungen. Die Ausprägungen in diesen Bereichen sind allerdings bei Betroffenen sehr heterogen ausgeprägt (Ciesinski et al., 2022). Personen mit IED sind zudem häufiger von Schlafproblemen betroffen (Hall & Coccaro, 2022).
Im Anschluss an einen Wutausbruch treten meist Schuldgefühle auf (Zhou, 2024). Diese Gefühle können sich auf den Selbstwert auswirken. Im Anschluss an die Wutausbrüche kehren die Betroffenen zu ihrem normalen Verhalten zurück. Allerdings ist die IED dadurch gekennzeichnet, dass es zu häufigen und wiederkehrenden Episoden kommt. Bei ausbleibender Behandlung treten also immer wieder chronische Impulsdurchbrüche auf.
Als eine Ursache konnte ein genetischer Einfluss für Aggressivität und Impulsivität in Studien festgestellt werden (Bergeman, & Seroczynski, 1998). Bei Erwachsenen konnte je nach Studie eine Vererbungsrate von 44% bis 72% festgestellt werden (Rushton et al., 1986). Also kann als eine Ursache für die intermittierende explosible Störung die Vererbung in der Familie sein (Coccaro, 2010). Als weiterer Faktor wird angenommen, dass frühe Kindheitserfahrungen und mögliche Traumatisierungen Einfluss auf die Selbstkontrolle und Frustrationstoleranz haben (Khantzian & Mack, 1983). Zusätzlich dazu scheinen bestimmte Hirnfunktionen bei impulsiv aggressiven Personen verändert zu sein. So konnten Veränderungen im Serotonin-System festgestellt werden. Außerdem scheint impulsive Aggression mit Dysfunktionen im präfrontalen Kortex einherzugehen (Kirsch et al., 2015).
Die kognitive Verhaltenstherapie kann bei der Behandlung von Wutproblemen von großem Nutzen sein, besonders wenn diese in Verbindung mit anderen psychischen Erkrankungen wie Sucht, posttraumatischen Belastungsstörungen oder Depressionen stehen. Studien zeigen, dass kognitive Verhaltenstherapie dazu beitragen kann, die Wut zu regulieren, vor allem in spezifischen Kontexten wie dem Autofahren (Deffenbacher et al., 2002) oder in sozialen Interaktionen. In der Therapie lernen die Patient/innen, ihre Wut zuerst zu erkennen und dann angemessen zu verbalisieren, um eine Eskalation zu verhindern (Kirsch et al., 2015).
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie ist eine bestimmte Form der Verhaltenstherapie. Sie wird häufig bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPD) eingesetzt. Aber auch bei der Behandlung von Wut und Impulsivität konnten gute Ergebnisse erzielt werden (Linehan et al., 1994). Elemente wie Achtsamkeitstraining und emotionale Regulierung haben sich als hilfreich erwiesen, um impulsive Wutausbrüche zu kontrollieren. Diese Methoden könnten auch bei der Behandlung von IED angewendet werden, da sie die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Kontrolle von Stressreaktionen fördern.
Achtsamkeitstraining und Entspannungstechniken sind wichtige Komponenten in der Behandlung von IED, da sie den Betroffenen helfen, ihre emotionalen Reaktionen besser wahrzunehmen und zu kontrollieren. Durch Achtsamkeit lernen Patient/innen, ihre Wut in einem frühen Stadium zu erkennen und zu steuern, bevor sie in eine unkontrollierbare Explosion übergehen. Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder Atemübungen tragen dazu bei, den Stresspegel zu senken und die allgemeine Impulsivität zu verringern, was zu einer besseren Emotionsregulation führt.
Die Imaginative Expositionstherapie ist ein innovativer Ansatz zur Behandlung von Wut, bei dem Patient/innen in kontrollierten Szenarien mit Wutauslösern konfrontiert werden (Grodnitzky & Tafrate, 2000). Diese Methode ermöglicht es den Betroffenen, ihre Reaktionen zu beobachten und zu regulieren, ohne dass es zu realen Ausbrüchen kommt. In Studien zeigte sich, dass diese Therapieansätze die Fähigkeit zur Emotionsbewältigung steigern können, indem sie eine schrittweise Gewöhnung an Wutauslöser und die Entwicklung eines besseren Umgangs mit diesen fördern.
Die intermittierende explosive Störung (IED), auch als pathologischer Jähzorn bekannt, ist eine Impulskontrollstörung. Betroffene Personen erleben wiederholt übermäßige und unangemessene Wutausbrüche. Diese Wutausbrüche stehen oft in keinem Verhältnis zur auslösenden Situation und können verbal oder physisch sein. Die Ursachen für IED sind vielfältig, darunter genetische Veranlagung, traumatische Kindheitserfahrungen und Veränderungen im Gehirn. Zur Behandlung von IED werden verschiedene Therapieansätze eingesetzt, darunter kognitive Verhaltenstherapie, Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT), Achtsamkeitstraining und Entspannungstechniken. Es ist entscheidend, die Symptome der IED frühzeitig zu erkennen und eine passende Therapie in Erwägung zu ziehen, um Betroffenen zu helfen, ihre Wutausbrüche zu kontrollieren und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Antwerpes, F. (2024). Impulskontrollstörung. Abgerufen am 12. März 2025 auf: https://flexikon.doccheck.com/de/Impulskontrollst%C3%B6rung.
Bergeman, C. S., & Seroczynski, A. D. (1998). Genetic and environmental influences on aggression and impulsivity. Neurobiology and clinical views on aggression and impulsivity, 5, 63-80.
Ciesinski, N. K., Drabick, D. A. G., & McCloskey, M. S. (2022). A latent class analysis of intermittent explosive disorder symptoms. Journal of Affective Disorders, 302, 367–375. https://doi.org/10.1016/j.jad.2022.01.099.
Coccaro, E. F. (2010). A family history study of intermittent explosive disorder. Journal of psychiatric research, 44(15), 1101-1105. doi:10.1016/j.jpsychires.2010.04.0 06.
Coccaro, E. F. (2012). Intermittent Explosive Disorder as a Disorder of Impulsive Aggression for DSM-5. American Journal of Psychiatry, 169(6), 577-588. https://doi.org/10.1176/appi.ajp.2012.11081259.
Coccaro, E. F., & McCloskey, M. S. (2019). Intermittent explosive disorder: Etiology, assessment, and treatment. Academic Press.
Deffenbacher, J. L., Filetti, L. B., Lynch, R. S., Dahlen, E. R., & Oetting, E. R. (2002). Cognitive-behavioral treatment of high anger drivers. Behaviour Research and therapy, 40(8), 895-910. https://doi.org/10.1016/S0005-7967(01)00067-5.
Fettich, K. C., McCloskey, M. S., Look, A. E., & Coccaro, E. F. (2014). Emotion regulation deficits in intermittent explosive disorder. Aggressive Behavoir, 41(1), 25-33. https://doi.org/10.1002/ab.21566.
Grodnitzky, G. R., & Tafrate, R. C. (2000). Imaginal exposure for anger reduction in adult outpatients: a pilot study. Journal of Behavior Therapy and Experimental Psychiatry, 31(3-4), 259-279. https://doi.org/10.1016/S0005-7916(01)00010-6.
Hall, O. T., & Coccaro, E. F. (2022). Assessment of subjective sleep quality and issues in aggression: Intermittent Explosive Disorder compared with psychiatric and healthy controls. Comprehensive psychiatry, 112, 152270. https://doi.org/10.1016/j.comppsych.2021.152270
Kirsch, J. L., Simeon, D., Berlin, H., & Hollander, E. (2015). Disruptive, impulse control, and conduct disorders: Intermittent explosive disorder, kleptomania, and pyromania. Psychiatry, 1367-1393. https://doi.org/10.1002/9781118753378.ch70.
Linehan, M. M., Tutek, D. A., Heard, H. L., & Armstrong, H. E. (1994). Interpersonal outcome of cognitive behavioral treatment for chronically suicidal borderline patients. American Journal of Psychiatry, 151(12), 1771-1775.
McCloskey, M. S., Chen, E. Y., Olino, T. M., & Coccaro, E. F. (2022). Cognitive-behavioral versus supportive psychotherapy for intermittent explosive disorder: A randomized controlled trial. Behavior therapy, 53(6), 1133-1146. https://doi.org/10.1016/j.beth.2022.05.001.
Rushton, J. P., Fulker, D. W., Neale, M. C., Nias, D. K. B., & Eysenck, H. J. (1986). Altruism and aggression: The heritability of individual differences. Journal of Personality and Social Psychology, 50(6), 1192–1198. https://doi.org/10.1037/0022-3514.50.6.1192.
Wirtz, M. A. (2020). Dorsch - Lexikon der Psychologie.
Zhou, S. (2024). Impulse control disorders and moral responsibilities: A systematic review of the moral responsibilities of ICD patients and their rationale. Addressing Global Challenges-Exploring Socio-Cultural Dynamics and Sustainable Solutions in a Changing World, 891-896. DOI: 10.1201/9781032676043-124.
Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.
Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.
Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.