Die Wut Coaches:
Dipl. Ing. Katrin Hoster
Wut Coach Merlin Faude
Dr. Med. Heidrun Schuler
Psychologe Ferdinand Kirchhof

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Oppositionelles Verhalten

“O Captain! Mein Captain!” Wenn Ihnen diese Anrede bekannt vorkommt, dann haben Sie vielleicht den Film “Der Club der Toten Dichter” gesehen. Dieser Film entführt einen nicht nur in die Welt der Poesie, sondern beinhaltet auch eine Menge Aspekte des oppositionellen Verhaltens. Mit einer meisterhaften Darstellung von Schülern, die den Mut finden, sich gegen die starren Konventionen ihrer Zeit zu erheben, bietet dieser Film einen faszinierenden Einblick in die Dynamik des Widerstands gegenüber autoritären Strukturen.

Doch das oppositionelle Verhalten hat auch seine Grenzen. Dies ist der Fall, wenn es in einen Bereich geht, bei dem die Wut nach außen gerichtet ist und zu Gewalt wird. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Aggression oder Wutausbrüche ins Spiel kommen. In der klinischen Psychologie wird es dann als Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten (ICD-10: F91.3) bezeichnet (WHO, 2019). Dieses Verhalten manifestiert sich meistens in der Kindheit. Wenn sich die Störung auch im Erwachsenenalter zeigt, handelt es sich um eine dissoziale Persönlichkeitsstörung (F60.2; WHO, 2019). Allerdings wird diskutiert, ob sich die Störung des Sozialverhaltens auch bis ins Erwachsenenalter ziehen kann (Johnston et al., 2018; Reimherr et al., 2013; Weiss et al., 2011).

Was ist oppositionelles Verhalten?

Oppositionelles Verhalten äußert sich durch eine klare Verweigerungshaltung, wie beispielsweise wie hier im Bild symbolhaft gezeigt: Halt Stopp, ich weigere mich

In einem beruflichen Kontext könnte sich oppositionelles Verhalten folgendermaßen äußern: Während einer Teambesprechung weigert sich einer der Angestellten beharrlich, an einer vorgeschlagenen Änderung in den Arbeitsprozessen teilzunehmen. Lautstark äußert er seine Ablehnung gegenüber der neuen Methode und bezeichnet sie als ineffektiv und unnötig. Als die Vorgesetzten versuchen, ihn zu überzeugen, bleibt die Person hartnäckig bei der Verweigerungshaltung und äußert provokante Argumente, um die Meinung zu unterstreichen. Obwohl das Verhalten nicht als direkt “aggressiv” bezeichnet werden kann, zeigt es dennoch eine klare Opposition gegenüber den Anweisungen und Entscheidungen der Vorgesetzten. Die Ablehnung wird verbal ausgedrückt und die Anpassung an die neuen Arbeitsrichtlinien wird verweigert, was als Beispiel für oppositionelles Verhalten im Erwachsenenalter betrachtet werden kann. 

Wie in dem Beispiel deutlich wird, beinhaltet die Definition von oppositionellem Verhalten (UKE, 2016):

  • eine generelle Verweigerungshaltung (hier gegenüber den Vorgesetzten),
  • verbale Äußerungen und Verhaltensweisen,
  • aufsässiges, provozierendes, teilweise feindseliges Verhalten. 
  • Ausgeschlossen sind allerdings dissoziale oder aggressive Handlungen, die das Gesetz und das Recht anderer verletzen
Streitereien, die auch handgreiflich werden können, können ebenfalls ein Teil des oppositionellen Verhaltens sein

Wenn dissoziale und aggressive Handlungen hinzukommen, dann spricht man, wie bereits benannt, von einer Störung des Sozialverhaltens oder einer dissozialen Persönlichkeitsstörung. Bei der Störung des Sozialverhaltens handelt es sich um eine kinderpsychopathologische Erkrankung mit einer anhaltend aggressiven Veranlagung in Verbindung mit Reizbarkeit, Streitlust, Trotz und rachsüchtigen Verhaltensweisen (APA, 2013). Die dissoziale Persönlichkeitsstörung zeichnet sich durch eine Missachtung sozialer Verpflichtungen und herzloses Unbeteiligtsein an den Gefühlen anderer aus. Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Verhalten und den herrschenden sozialen Normen. Außerdem besteht eine niedrige Frustrationstoleranz (lesen Sie hierzu auch Frustrations-Aggressions-Theorie), eine niedrige Schwelle für aggressives sowie gewalttätiges Verhalten, eine Neigung, andere zu beschuldigen und Konflikte mit der Gesellschaft (WHO, 2019). Nun haben Sie die Bandbreite des oppositionellen Verhaltens kennengelernt. Als Nächstes wollen wir uns mögliche Ursachen dieses Verhaltens anschauen. 

Ursachen des oppositionellen Verhaltens

Oppositionelles Verhalten hat vielfältige Ursachen, ein entscheidender Einflussfaktor ist die Erziehung

Oppositionelles Verhalten hat vielfältige Ursachen, die sich aus einer komplexen Mischung aus familiären, genetischen, biologischen, umweltbedingten und individuellen Faktoren zusammensetzen. Ein entscheidender Einflussfaktor ist die Erziehung. Studien haben gezeigt, dass Kinder häufiger Verhaltensprobleme entwickeln, wenn ihre Eltern wenig involviert, ablehnend und streng in ihrer Erziehungsweise sind (Alvarez & Ollendick, 2003). Ebenso kann ein Missverhältnis zwischen dem Erziehungsstil und dem Temperament des Kindes zu oppositionellem Verhalten führen (Keenan & Shaw, 2003). Bestimmte Temperamentsfaktoren, wie Unruhe, Labilität (Hochsensibilität) und eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, stehen in Verbindung mit Verhaltensproblemen.

Eine weitere Ursache kann im biologischen Bereich liegen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder mit Verhaltensproblemen häufig einen niedrigeren Cortisolspiegel aufweisen. Cortisol ist ein Stresshormon, das von der Nebennierenrinde produziert wird. Niedrigere Cortisolwerte könnten darauf hindeuten, dass diese Kinder weniger effektiv auf Stress reagieren. Darüber hinaus wurde ein Zusammenhang zwischen der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und oppositionellem Verhalten festgestellt (Reimherr et al., 2011). Etwa 50 % der Personen mit einer oppositionellen Störung leiden auch an ADHS (Serra-Pinheiro et al., 2004). In Bezug auf Hochbegabung und oppositionelles Verhalten sind die Ergebnisse uneinheitlich, was darauf hindeutet, dass dies eine mögliche Ursache sein könnte, aber weitere Forschung erforderlich ist, um dies zu bestätigen (Tasca et al., 2022). Insgesamt verdeutlichen diese vielfältigen Einflüsse, dass oppositionelles Verhalten nicht auf eine einzelne Ursache zurückzuführen ist, sondern aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren resultiert.

Symptome des oppositionellen Verhaltens

Offene Wut und ein streitsüchtiges/trotziges Verhalten ist ein Symptom des oppositionellen Verhaltens

Oppositionelles Verhalten äußert sich in einer Vielzahl von Symptomen, die darauf hinweisen, dass eine Person Widerstand gegen Autoritäten und soziale Normen zeigt. Es ist gekennzeichnet durch anhaltende Wut, Reizbarkeit, streitsüchtiges/trotziges Verhalten und/oder Rachsucht und führt häufig zu erheblichen psychosozialen und beruflichen Beeinträchtigungen (Johnston et al., 2020). Die anhaltende wütende Stimmung kann dazu führen, dass die Betroffenen Schwierigkeiten haben, angemessen auf alltägliche Frustrationen zu reagieren (Faraone, 2005). Die Reizbarkeit äußert sich in einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber provokativen Situationen. Aggressives und trotziges Verhalten zeigt sich in der bewussten Missachtung von Anweisungen und sozialen Erwartungen. Rachsucht kann sich in nachtragendem Verhalten oder dem Wunsch, anderen Schaden zuzufügen, äußern. Es kann auch zu impulsivem Verhalten (Lanza & Drabick, 2010) und Wutausbrüchen (Burke & Romano-Verthelyi, 2018) führen. Diese Symptome haben oft schwerwiegende Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden, die zwischenmenschlichen Beziehungen und die berufliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Ein umfassendes Verständnis dieser Symptome ist entscheidend für die Entwicklung gezielter Interventionen und Unterstützungsmaßnahmen, um den Betroffenen wirksam zu helfen.

Was tun und wie richtig reagieren bei oppositionellem Verhalten?

Ärztliche Abklärung

Ist das oppositionelle Verhalten Teil einer psychischen Erkrankung (z.B. ADHS, Störung des Sozialverhaltens, dissoziale Persönlichkeitsstörung), sollten Sie dies ärztlich oder psychotherapeutisch abklären lassen. Liegt bei Ihnen eine Erkrankung vor, kann diese im Rahmen einer Psychotherapie oder mit Psychopharmaka behandelt werden. Dazu können Sie sich an Psychotherapeut:innen oder Psychiater:innen wenden.

Entspannungsübungen

Wer unter oppositionellem Verhalten leidet kann mit Entspannungsübungen dagegen wirken

Wenn anhaltende Reizbarkeit und übermäßige Frustrationsreaktionen Ihren Alltag beeinträchtigen, können Entspannungsübungen eine unterstützende Maßnahme sein. Durch Entspannungsübungen lernen Sie, mit sich selbst und Ihrer Umgebung achtsam umzugehen. So können Sie in Stresssituationen einen kühlen Kopf bewahren und fundierte Entscheidungen treffen. Der Schwerpunkt liegt auf der Selbstzentrierung und der Verbesserung der emotionalen Regulation durch bewusste Entspannungstechniken. Das Erlernen dieser Fähigkeiten kann nicht nur zu einer besseren Stressbewältigung führen, sondern auch zu einer nachhaltigen Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens beitragen.

Aggressionstherapie

Auch eine Aggressionstherapie kann bei oppositionellem Verhalten helfen

Im Umgang mit oppositionellem Verhalten kann die Aggressionstherapie eine sinnvolle und wirksame Option sein. Diese spezialisierte Therapieform zielt darauf ab, die Ursachen und Muster des oppositionellen Verhaltens zu verstehen und konstruktive Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Durch den Einsatz bewährter therapeutischer Techniken kann man lernen, Aggressionen zu erkennen, zu verstehen und schließlich zu kontrollieren (erfahren Sie hier auch mehr bei uns zum Thema Aggressionsbewältigung). Ein respektvoller therapeutischer Rahmen ermöglicht es, die tieferen Ursachen des oppositionellen Verhaltens zu erforschen und gemeinsam mit dem Therapeuten oder der Therapeutin individuell angepasste Lösungsansätze zu entwickeln.

Fazit: Das ist oppositionelles Verhalten

In diesem Artikel wurden die Ursachen und der angemessene Umgang mit oppositionellem Verhalten besprochen. Von genereller Verweigerung bis hin zu gewalttätigen Ausbrüchen können verschiedene Ursachen wie Erziehung und biologische Faktoren eine Rolle spielen. Um diesem Verhalten effektiv zu begegnen, können Maßnahmen wie ärztliche Abklärung, Entspannungsübungen und Aggressionstherapie unterstützend wirken.

Über die Autoren
Katrin Hoster

Katrin Hoster ist zertifizierte NLPlerin, Headcoach und einer der beiden Gründer der Wut Coaches. Als erfahrener Coach im Bereich Aggressionsbewältigung hat sie sich seit 2018 voll und ganz auf das Thema Wut und Aggression spezialisiert und kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit mehreren 1000 Wut- und Aggressionsklienten zurück blicken.

Ferdinand Kirchhof

Ferdinand Kirchhof ist Psychologe (M.Sc.). Er arbeitet bei den Wut Coaches als psychologischer und wissenschaftlicher Berater und seine Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Er ist der Co-Autor dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Autorin.

Kerstin Bickert

Kerstin Bickert ist Psychologin (B.Sc.) und Sozialpädagogin (B.A.). Sie arbeitet bei den Wut Coaches als psychologische und wissenschaftliche Beraterin und ihre Expertise fließt sowohl in unser Coaching als auch in unsere Veröffentlichungen. Sie ist die Autorin dieses Artikels, zusammen mit Katrin Hoster als Co-Autorin.

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